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AutorenbildChristian Gersbacher

Umfrage in Polen: LGBTQ* als größte Bedrohung des 21. Jahrhundert



Die Rhetorik der polnischen Regierung gegen LGBTQ wird immer schärfer. Bis August 2019 wurden in Polen etwa 30 verschiedene LGBTQ*-Ideologiefreie Zonen erklärt. Queere Menschen leben in Polen in einer paradoxen Situation. Einerseits wurden homosexuelle Beziehungen in Polen früher als in vielen anderen Ländern entkriminalisiert. Auch gibt es in Polen eine lebendige Szene von LGBTQ*-Aktivist*innen, Künstler*innen und Organisationen. Andererseits sind homophobe Einstellungen in der Gesellschaft weit verbreitet. Obwohl während den frühen 2000er Jahre unter jungen Leuten in größeren Städten eine deutliche Zunahme der Toleranz zu verzeichnen war, nahm die Diskriminierung von LGBTQ* auf politischer Ebene unter konservativen und populistischen Parteien zu.

Vier polnische LGBTQ*-Aktivist*innen haben 2019 die Website "Atlas Nienawiści" (Atlas des Hasses) gegründet, die die zahlreichen polnischen Gemeinden aufzeigt, die Anti-LGBTQ*-Resolutionen angenommen, abgelehnt oder noch nicht verabschiedet haben.

Umfrage: LGBTQ* Größter Bedrohung des 21. Jahrhunderts in Polen

In einer im Jahr 2019 durchgeführten Umfrage der unabhängigen OKO.Press in Polen wurden Bürger*innen befragt, was sie für die größte Bedrohung des 21. Jahrhunderts halten. Zur Auswahl standen Optionen wie die Klimakrise, demographischer Wandel usw. Die meistgewählte Option (31 %) bei den Männer zwischen 18-40 Jahren war die ,,LGBTQ*- Bewegung und die Gender Ideologie".


Kobiety = Frauen (18-39 Jahre) Mężczyźni = Männer (18-39 Jahre)


Die Situation hat sich seit dem Sieg der nationalkonservativen Partei PiS weiter zugespitzt und aktuell berät die polnische Regierung über ein “Werbeverbot” für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Ein Gespräch mit Mat. Der 24-jährige lebt derzeit in Krakow und studiert dort Kulturwissenschaften.


Mat, wie erlebst du die Situation als schwuler Mann in Krakow gerade?

Krakow ist eine sehr offene Stadt und hier gibt es auch einige schwulen Bars oder schwule Events. Ich selbst habe zum Glück viele sehr offene und tolerante Freunde und daher weniger Problem mit Anfeindungen. Vieler meiner Freunde arbeiten im Bereich Kunst und Kultur, da gibt es viele queere Menschen. Aber in der Öffentlichkeit muss man schon aufpassen mit Händchen halten oder wenn ich meinen Freund eine Kuss geben möchte.


Wie schätzt du die Situation in ländlichen Gebieten in Polen ein?

Ich weiß, dass die Situation für queere Menschen in kleineren Städten und ländlichen Gebieten schwierig ist, wo viele Leute uns als ,,Ideologie“ betrachten. Was auch immer das heiße soll, habe ich bis heute noch nicht verstanden. Diese Satz wird jedoch im politischen und auch im Medienkontexten sehr häufig verwendet. In ländlichen Regionen gibt es immer noch viele sehr konservative Menschen, die an traditionellen Werten festhalten oder streng katholisch sind.


In Deutschen Medien wird immer wieder auf die LGBTQ-feindliche Politik Polens berichtet. Woher kommt dieser Anti-LGBTQ Kurs in der Poltik?

Die Politiker im Polen behaupten solche Maßnahmen wären zum Schutz von Familien und Kindern, aber dadurch werden queere Menschen zum ,,Feindbild“ der Gesellschaft. Für queere Menschen auf dem Land ist die Situation wirklich nicht einfach. Sie sind oft mit Hass und Hetzt konfrontiert. Auch die römisch-katholische Kirche kämpft weiterhin gegen eine rechtliche Anerkennung von homosexuellen Paaren und wird dabei vor allem von rechtsgerichteten Parteien unterstütz.


Foto: Aufkleber der auf LGBTQ-freie Zonen hinweist.


Wird an Schulen in Polen über LGBTQ Themen gesprochen?

Das größte Problem in Polen ist der Mangel an Sexualaufklärung, die offen die Wahrheit über queere Menschen erzählt. Diese findet leider in Schulen und in der Gesellschaft nicht statt. Hier werden nur die Ideologien der Politik vermittelt. Niemand redete zu meiner Schulzeit über sexuelle Orientierung und ihm Jahr 2019 brachte die Regierungspartei PiS einen Gesetzentwurf mit dem Namen „Stop pedofilii“ (Stop Pädophilie) ein. Der soll sexuelle Aufklärung an Schulen unter Strafe stellen – angeblich, um Kinder vor Frühsexualisierung zu schützen.



Ich kann mir nur wünschen, dass die Situation bald besser wird und die Leute verstehen, dass jeder lieben darf wenn er will und queere Menschen keine Bedrohung für die Gesellschaft darstellen.

Nur wenn die Menschen das verstanden haben und richtig aufgeklärt sind, wird auch die derzeitige Spaltung gestoppt werden können.






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