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LGBTIQ* Deutschland und Europa
Zusammenfassung:
Erfahre mehr über die aktuelle Situation von queeren Menschen in Deutschland und Europa. Wie entstand die LGBTQ* Bewegung und was verbirgt sich eigentlich hinter die Abkürzung LGBTQ*?
In den vergangenen Jahren hat sich eine immer stärker werdende Bewegung für die Rechte von LGBTQI*-Personen gebildet. Diese Entwicklung hat zu einer zunehmenden Sichtbarkeit von queeren Menschen in der Gesellschaft geführt. Doch gesellschaftlicher Wandel kann auch Spannungen und Gewalt hervorrufen, insbesondere wenn es um Themen geht, die traditionelle Wertvorstellungen und soziale Normen herausfordern. Politisch ist die Gleichberechtigung von queeren Menschen bereits heute zu einem Gradmesser für eine Demokratie eines Landes geworden.
Auf der ganzen Welt werden auch heute noch Menschen dafür angegriffen, wen sie lieben und letztendlich dafür, wer sie sind. In 69 Staaten wird Homosexualität noch strafrechtlich verfolgt, in 11 Ländern droht sogar die Todesstrafe. LGBTQI* zu sein bedeutet auch heute noch in zu vielen Ländern, mit täglicher Diskriminierung zu leben. Im Alltag kann Diskrimierung mit Beschimpfungen und Ausgrenzung bis zu Ungleichbehandlung am Arbeitsmarkt oder innerhalb der Gesundheitsversorgung beginnen. Im schlimmsten Fall kann Diskrimierung auch zu Hass und Gewalt führen. In Deutschland sind die Straftaten von lgbtqi* feindlich motivierter Hasskriminalität im Jahr 2021 um 50 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen.[1] Dieser Anstieg zeigt, dass wir auch in Deutschland in Sachen LGBTQ* Akzeptanz und Rechte nicht dort sind, wo wir sein könnten.
Let’s talk about facts: Queer sein in Deutschland und Europa:
Eine Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) unter 140 000 Befragten in ganz Europa aus dem Jahr 2020 kam zu folgenden Ergebnissen [2]:
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Offenheit: Sechs von zehn Befragten vermeiden es, mit ihren Partner:innen in der Öffentlichkeit Hand in Hand zu gehen.
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Mobbing: Zwei von fünf Befragten geben an, im Jahr vor der Erhebung Opfer von Mobbing geworden zu sein.
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Übergriffe: Eine von fünf Transgender- bzw. intersexuellen Personen hat körperliche oder sexuelle Übergriffe erfahren – das sind doppelt so viele wie in anderen LGBTQ*-Gruppen.
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Diskriminierung: Jede fünfte befragte Person fühlt sich am Arbeitsplatz und mehr als jede dritte bei Freizeitaktivitäten in der Öffentlichkeit diskriminiert.
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Schule: Jede zweite LGBTQ*- Person gibt an, dass es in der Schule Mitschüler:innen und bzw. Lehrkräfte gibt, die LGBTQ* unterstützen.
Ergebnisse für Deutschland unter über 16.000 LGBTQI* Personen:
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44% der befragten LGBTQI* Personen in Deutschland wurden in mehr als acht Lebensbereichen in den letzten 12 Monaten diskriminiert.
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23% gaben an, im Jahr vor der Erhebung Opfer von Diskrimierung am Arbeitsplatz geworden zu sein. EU-weit waren es 21%.
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13 % der LGBTQI* in Deutschland gaben an, in den letzen 5 Jahren Erfahrungen mit direkten Übergriffen gemacht zu haben. EU-weit waren es 11 %.
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52 % gaben an, dass sie als Teenager Lehrer:innen hatten, die LGBTQI* unterstütz haben. EU- weit waren es 60 %.
Im europäischen Vergleich liegt Deutschland
auf Platz 15 in Sachen Rechte
und Gleichstellung von LGBTQ*.
Quelle: ILGA-Europe Rainbow Index
Den aktuelle Jahresbericht von ILGA
Europe zur Situation von LGBTQ in
Europa 2023 findest du hier.
Der Rainbow Europe Country Index von ILGA Europe bewertet jedes europäische Land nach seiner Gesetzgebung, die sich auf die Rechte von LGBTQ*-Menschen auswirkt.
Hier gehts direkt zum Regenbogen Index.
LGBTQ* Global:
UN Bericht über die globale Lage der Menschenrechte für LGBTQI*
Laut dem 2011 veröffentlichten Bericht des UN-Hochkommissariat für Menschenrechte gehören zu den Verletzungen der Menschenrechte gegenüber LGBTQI*: „Tötungen, Vergewaltigungen und körperliche Angriffe, Folter, willkürliche Inhaftierungen, die Verweigerung des Rechts auf Versammlung, freie Meinungsäußerung und Information sowie Diskriminierung in den Bereichen Erwerbstätigkeit, Gesundheit und Bildung”.
Wissen: Erfahre mehr über LGBTQI* und die Pride Bewegung
Was ist der Unterschied zwischen Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung?
Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung sind zwei unterschiedliche Konzepte, die oft miteinander verwechselt werden. Hierzu eine kurze Erklärung:
Die Geschlechtsidentität bezieht sich auf das innere Empfinden einer Person in Bezug auf ihr Geschlecht. Also ob man sich als männlich, weiblich, beide, keines oder ein anderes Geschlecht identifiziert. Personen, die sich mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren, bezeichnet man als cisgeschlechtlich.
Die sexuelle Orientierung bezieht sich auf die romantische, emotionale und sexuelle Anziehung einer Person zu anderen Menschen. Es beschreibt die Vorliebe einer Person für Personen gleichen Geschlechts (homosexuell), unterschiedlichen Geschlechts (heterosexuell) oder beider Geschlechter (bisexuell). Es gibt beispielsweise auch andere sexuelle Orientierungen wie pansexuell, asexuell und queer.
Beiden Konzepte sind unabhängig voneinander und jede Person kann eine individuelle Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung haben.
Wissen: Facts about Trans*
Wie entstand die LGBTQ* Bewegung?
Im Juni 2019 outete sich der US- Rapper Lil Nas X auf Twitter und hatte damit eine neue Ära in der Rap-Musik eingeleitet.
Der Australier Josh Cavalo war der erste aktive Profi-Fußballer weltweit, der sich im Oktober 2021 zu seiner Homosexualität bekannt hatte. Im Mai 2022 outet sich auch der junge Fußballprofi Jake Daniels des englischen Verein FC Blackpool als schwul.
Wusstest Du?
Der Berater von Martin Luther King war der offen schwule Aktivist Bayard Rustin. Er spielte im Hintergrund der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung eine wichtige Rolle und setzte sich später als Anwalt für LGBTQ* Rechte ein.
,,Der Tag wird kommen, an dem die Diskrimierung von Menschen aufgrund der Art ihrer Liebe im Mülleimer der Geschichte landet."
Kasha Nabagesera
LGBTQ* Aktivistin aus Uganda
Alternativer Nobelpreis (2015)
Film und TV:
"Anders als die Andern" war 1919 der weltweit erste Schwulenfilm. Er sorgte für lautstarke Proteste und wurde später zensiert. 1970 löste der Film ,,Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt." des Filmregisseur Rosa von Praunheim einen Skandal aus und war ein wichtiger Meilenstein in der Gründung der deutschen Schwulenbewegung.
2022 wird die Serie ,,Heartstopper" zum Netflix-Hit. Tipp: Eine Auswahl an über 140 queeren Filmen findest du beim Berliner Filmverleih Salzgeber.
In über 107 Ländern weltweit
werden dieses Jahr Pride-Paraden
gefeiert.
Fazit:
Die steigende Zahl an Übergriffen auf querere Menschen zeigt: Diskrimierung und Queerfeindlichkeit kann lebensbedrohlich werden. Noch immer erleben queere Menschen Ausgrenzung, Beschimpfungen und Diskrimierung. Dies kann erheblich Auswirkungen auf den Alltag wie z.B. in der Schule oder am Arbeitsplatz haben.
Es bleibt eine große Aufgabe, Ungerechtigkeiten und Diskriminierung zu bekämpfen und eine Gesellschaft zu schaffen, die auf Respekt, Toleranz und bedingungsloser Gleichstellung basiert. Nur wenn wir unsere traditionellen Wertvorstellungen und sozialen Normen überdenken und akzeptieren, dass Vielfalt eine Bereicherung darstellt, können wir echte Fortschritte in Richtung einer gerechten und respektvollen Gesellschaft der Zukunft erzielen. Die Anerkennung der Rechte von LGBTQI*-Personen ist und bleibt auch in Zukunft ein wichtiger Indikator für den Fortschritt einer Demokratie. Für echte Gleichstellung braucht es Mut und die entsprechenden politischen Maßnahmen, dass queere Menschen in Sicherheit und ohne Angst vor Angriffen oder Anfeindungen leben können. Queere Themen müssen mehr sein, als nur PR-Kampagnen. Echter Gleichberechtigung bedeutet mehr als schöne Bilder von Fußballstadien, die in Regenbogenfarben beleuchtet werden. Echte Gleichberechtigung kennt keine Ausnahmen. Ein Land, in dem queere Menschen von der Polizei diskriminiert werden und Übergriffe auf queere Menschen jedes Jahr steigen, steht in Sachen LGBTQI* Rechte noch lange nicht da, wo es sein sollte.